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Sich selbst den Spiegel vorhalten

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Pfalzklinikum begeht NS-Gedenktag in Klingenmünster

Bei der Kranzniederlegung appellierte Dr. Christoph Picker an das Gewissen als innere moralische Instanz.

Klingenmünster. „Gott kennt die Namen der Menschen, die zu unrecht ihrer Würde beraubt und ermordet wurden“ – mit diesen Worten begannen Pfarrerin Sylvia Schönenberg und Pfarrer Hans Meigel den Gedenktag für die Opfer der NS-Psychiatrie am vergangenen Freitag. Bei Sonnenschein und blauem Himmel hatten sich Mitarbeiter und Klienten des Pfalzklinikums, Angehörige und Bürger an der Gedenkstätte des Pfalzklinikums versammelt – zur Erinnerung an die Opfer ließen sie weiße Luftballons steigen. Musikalisch begleitet wurde der Gedenktag von einem Ensemble der Bläserkantorei Landau unter der Leitung von Christian Syperek.

Bei der Kranzniederlegung beteiligte sich neben dem Pfalzklinikum und den Kommunen aus der Umgebung in diesem Jahr auch der Landesverband der Psychiatrie-Erfahrenen Rheinland-Pfalz (LVPE). Dr. Christoph Picker, Direktor der Evangelischen Akademie der Pfalz, fand in seiner Ansprache klare Worte zu den Menschen, die am Rande an den Krankenhausmorden beteiligt waren, die nicht hingeschaut oder nachgefragt hatten, die geschwiegen oder nicht konsequent genug eingegriffen hatten: Sie alle habe ein unangenehmes Gefühl beschlichen, dass etwas nicht stimmte – ihr Gewissen. Er appellierte an die Gäste, ihr eigenes Gewissen zu pflegen, immer wieder hinzuschauen und  reflektiert zu handeln. Das Gewissen als innere moralische Instanz, die zwischen Gut und Böse unterscheidet, und die Reflexion des eigenen Handels waren die zentralen Themen des diesjährigen Gedenktags, den die Pflege-Studierenden des Pfalzklinikums mitgestaltet hatten. Beim ökumenischen Gottesdienst in der Klinikkirche waren daher Spiegel aufgestellt und wurden als kleine Kärtchen an die Besucher verteilt – als Metapher dafür, dass sich jeder immer wieder selbst und sein Verhalten anderen gegenüber reflektieren sollte.

Unter dem Motto „Krankenpflege in der NS-Zeit und heute“ erzählten die Studierenden wahre Geschichten von Menschen, die im Umfeld der Psychiatrie Zwangssterilisation, Ausgrenzung, Qual und Tod erfahren hatten und beleuchteten die Rolle der Pflegenden dabei: Mehr oder weniger direkt hatten diese dazu beigetragen und ihr Handeln vor sich selbst und anderen durch Gehorsam oder Angst zu entschuldigen versucht. Pfarrerin Sylvia Schönenberg betonte anhand von Beispielen aus der Bibel, dass Menschen immer die Wahl haben, sich dem Willen von Obrigkeiten zu widersetzen und sich ihrer Verantwortung zu stellen. Die Studierenden greifen heute in ihrer Profession als Pflegende auf die Erfahrungen aus der Vergangenheit zurück. Sie appellierten daher in ihren Wortbeiträgen daran, die Erinnerung an die Täter als Mahnung zu sehen, sich selbst den Spiegel vorzuhalten und darüber nachzudenken, wie man selbst jeden Tag mit anderen Menschen umgeht.  

Aktuelle Informationen zur Gedenkarbeit des Pfalzklinikums finden Sie unter:
www.pfalzklinikum.de
www.ns-psychiatrie-pfalz.de

Kontakt
Julitta Hinz, Pflegedirektorin
Tel. 06349 900-2050
E-Mail: julitta.hinzpfalzklinikum.de