Häufig gestellte Fragen zum Maßregelvollzug
Hier finden Sie häufig gestellte Fragen zum Maßregelvollzug. Die Antworten beziehen sich auf den Bereich das Erwachsenen-Maßregelvollzugs. Im Jugendmaßregelvollzug weichen einzelne Punkte ggf. ab.
Was ist Maßregelvollzug?
Im Maßregelvollzug werden Menschen gesichert untergebracht und behandelt, die im Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung oder einer Suchtmittelabhängigkeit Straftaten begangen haben. Sie gelten als suchtkrank, vermindert schuldfähig oder schuldunfähig und wurden deshalb gemäß § 63 oder § 64 des Strafgesetzbuches (StGB) von einem Gericht zu einem Klinikaufenthalt verurteilt. Man spricht dabei von Maßregelvollzug oder Forensischer Psychiatrie. Diese Einrichtungen sind Kliniken, keine Gefängnisse. Es wird zwischen Erwachsenen- und Jugendmaßregelvollzug unterschieden.
Wer regelt, steuert und überwacht den Maßregelvollzug?
In Rheinland-Pfalz hat das Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit (MWG) die Aufsicht über die Maßregelvollzugseinrichtungen. Grundlage der Arbeit des Ministeriums bildet das rheinland-pfälzische Maßregelvollzugsgesetz (MVollzG) sowie bundesrechtliche Regelungen zur forensischen Psychiatrie. Weiter ist das MWG für die Planung, Weiterentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit der Maßregelvollzugseinrichtungen in Rheinland-Pfalz verantwortlich. Das Ministerium ist, zusammen mit dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung (LSJV) die oberste Fachaufsichtsbehörde über die Einrichtungen.
Gibt es einen Unterschied zwischen „Maßregelvollzug“ und „Forensischer Psychiatrie“?
Nein, die beiden Begriffe beziehen sich grundsätzlich auf die gleiche Art der Einrichtung. Der Begriff „Maßregelvollzug“ bezeichnet juristisch die Art der Unterbringung. Aus Sicht eines psychiatrischen Krankenhauses wird der Begriff „Forensische Psychiatrie“ (= gerichtliche Therapie) bevorzugt. Dieser Begriff stellt neben dem Aspekt der Sicherung insbesondere die Behandlung und die Resozialisierung in den Fokus.
Was ist Aufgabe und Ziel des Maßregelvollzugs?
Im Maßregelvollzug stehen die Aspekte der Besserung, Sicherung und Rehabilitation im Vordergrund:
- Besserung: Vielfältige Behandlungsangebote unterstützen die Patient*innen zu gesunden. Dadurch wird auch die von der Person ausgehende Gefahr reduziert.
- Sicherung: Bei anhaltender Gefährdung werden die Patient*innen gesichert untergebracht zum Schutz der Gesellschaft.
- Rehabilitation: Bei fortgeschrittener erfolgreicher Therapie werden die untergebrachten Patient*innen bei der Rückkehr in die Gesellschaft unterstützt.
Was unterscheidet den Maßregelvollzug vom Strafvollzug (Haft)?
Forensisch-psychiatrische Kliniken sind Krankenhäuser, keine Gefängnisse. Juristisch unterscheiden sich der Maßregelvollzug von der Haft durch die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen.
Praktisch bedeutet das: Ein Mensch, der eine Straftat begangen hat, kann dafür bestraft werden (z.B. Haftstrafe in einer Justizvollzugsanstalt, Bewährungsstrafe, Geldstrafe). Liegt zum Zeitpunkt der Tat eine verminderte Schuldfähigkeit oder Schuldunfähigkeit (siehe unten) vor, kann das Gericht eine Therapie im Maßregelvollzug anordnen. Ziel ist neben der Sicherung dann insbesondere die Therapie und Resozialisierung. Während eine Haftstrafe immer für eine bestimmte Zeit erfolgt, ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus z. B. bei Patient*innen, die nach § 63 StGB untergebracht sind, zeitlich nicht befristet. Sie richtet sich in diesen Fällen allein nach den Behandlungsfortschritten und der Prognose der/s Patient*in. Gerichte prüfen die Unterbringungsdauer in gesetzlich vorgegebenen Abständen. Bei Patient*innen, die aufgrund einer Suchterkrankung (§ 64 StGB) untergebracht sind, wird in der Regel eine Maßregel mit einer Haftstrafe kombiniert.
Was heißt Unterbringung nach § 63 und § 64 StGB?
Die Unterbringung im Maßregelvollzug wird gerichtlich angeordnet. Dabei wird unterschieden zwischen der vorübergehenden Unterbringung gemäß § 126 StPO und der Unterbringung nach rechtskräftigem Gerichtsurteil gemäß § 63 oder § 64 StGB. Der Maßregelvollzug übernimmt dadurch zwei unterschiedliche Aufgaben: Psychiatrisches Krankenhaus und Entziehungsanstalt.
§ 126 a StPO: Einstweilige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt vor dem Strafverfahren
§ 63 StGB: Straftat im Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung
§ 64 StGB: Straftat im Zusammenhang mit einer Suchterkrankung
Welche Straftaten haben Patient*innen im Maßregelvollzug in Klingenmünster begangen?
In den meisten Fällen sind Gewalt und schwerwiegende Straftaten der Grund für die Unterbringung im Maßregelvollzug. Voraussetzung ist auch, dass Wiederholungsgefahr bzw. die Gefahr für eine schwerwiegendere Straftat in der Zukunft besteht. Zu den häufigsten Delikten zählen Körperverletzung, Diebstahl, Sexualstraftaten, aber auch Tötungsdelikte.
Bei suchtkranken Straftäter*innen dominieren Delikte im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln, Raub, Eigentumsdelikte und Körperverletzungen, wobei viele Taten mit Beschaffungskriminalität zusammenhängen.
Wie viele Personen sind im Maßregelvollzug in Klingenmünster untergebracht?
In Maßregelvollzug des Pfalzklinikums in Klingenmünster gibt es planmäßig 185 stationäre Plätze für Erwachsene und 20 für Jugendliche und Heranwachsende. Zusätzlich behandeln wir rund 180 Patient*innen ambulant.
Welche Stationen und Bereiche gibt es im Erwachsenen-Maßregelvollzug in Klingenmünster?
- Hochgesicherter Bereich: 8 Stationen
- Niedriger gesicherter Bereich: 3 Stationen
- Offener Vollzug: 2 Wohngemeinschaften
- Forensisch-Psychiatrische Ambulanz (FPA): Betreut entlassene Patient*innen und Patient*innen in Dauererprobung. Etwa die Hälfte der Kontakte der FPA erfolgt aufsuchend an den Wohn- oder Arbeitsorten der Patient*innen.
Was sind Vollzugslockerungen?
Vollzugslockerungen sind fester Bestandteil einer erfolgreichen Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Bei Fortschritten in der Therapie, können diese gewährt werden. In der Klinik für Forensische Psychiatrie des Pfalzklinikums gibt es 14 Vollzugslockerungsstufen. Sie dienen der Erprobung der Patient*innen im Alltag und in der Gesellschaft und werden nacheinander erfolgreich durchlaufen bis zur Entlassung.
Bei Regelverstößen oder psychischen Krisen können Vollzugslockerungen zurückgenommen werden. In diesen Fällen erfolgt anschließend immer eine therapeutische Aufarbeitung.
Wie ist die Behandlung im Maßregelvollzug aufgebaut?
In der Anfangsphase der Therapie stehen Vertiefung der Anamnese, Motivationsarbeit, Herstellung von Kontakten zu Angehörigen, weiterführende Labor- und apparative Diagnostik, eingehende Abschätzung von Suizidalität und rasche Herstellung der Gemeinschaftsfähigkeit im Vordergrund. Für die Behandlung nichtpsychiatrischer Erkrankungen stehen therapeutische und diagnostische Beratung durch die entsprechende medizinische Fachdisziplin zur Verfügung. Ein Zahnarzt kommt wöchentlich ins Haus.
Zur Überprüfung des Therapiefortschritts dienen Selbst- und Fremdbewertung im Rahmen von Stationsvisiten, Oberarztvisiten, Teambesprechungen und Fallvorstellungen. Eine kriteriengleitete Prognosebeurteilung über Therapiefortschritte und verbleibende Risiken finden in regelmäßigen Abständen statt.
Die Behandlungsziele werden maßgeblich vom Behandlungsteam festgelegt. Für Patient*innen, die nach § 64 StGB untergebracht sind, gibt es enge zeitliche Vorgaben. Für Patient*innen, die nach § 63 StGB untergebracht sind, werden Therapieziele einzelfallabhängig festgelegt. Die Patient*innen werden in die Entscheidungsprozesse eingebunden und können selbst Behandlungsziele formulieren. Alle notwendigen Maßnahmen (Medikamentenaufklärung eingeschlossen) und deren Ziele werden den Patient*innen erläutert.
Wie wird die Öffentlichkeit und Region eingebunden?
Die Klinik für Forensische Psychiatrie und das Pfalzklinikum stehen mit den umliegenden Gemeinden und den Bürgermeister*innen im Austausch. Der Beirat Maßregelvollzug berät die Klinik für Forensische Psychiatrie konzeptionell und organisatorisch, unterstützt bei der Wiedereingliederung der Patient*innen in die Gesellschaft und fördert das Verständnis und die Akzeptanz für den Maßregelvollzug in der Öffentlichkeit.