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„Wir haben die Wahl für unser zukünftiges Handeln“

Klingenmünster

Bundesweiter Gedenktag für die Opfer der NS-Psychiatrie im Pfalzklinikum

Mit mahnenden Worten und positivem Ausblick: Landrat Dietmar Seefeldt bei der Kranzniederlegung an der Gedenkstätte des Pfalzklinikums.

Mit welchen Gefühlen sollten wir uns heute an die Verbrechen in der NS-Zeit und ihre Opfer erinnern? Welche Schuld trifft uns heute und wie gehen wir zukünftig mit dem Thema um? Am Gedenktag für die Opfer der NS-Psychiatrie an der Gedenkstätte des Pfalzklinikums beantwortete Dietmar Seefeldt, Landrat des Kreises Südliche Weinstraße, diese Fragen mit Worten des Philosophen Aristoteles. Dieser hatte einst Schuld, Werte und Wahl in Beziehung gesetzt mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. „Es ist die Vergangenheit, die uns zu dem macht, was wir heute sind und unsere heutigen Werte bedingen die Wahl, die wir für unser zukünftiges Handeln treffen“, schlussfolgerte Dietmar Seefeldt und appellierte, die Geschichte zu überdenken und sich nicht wiederholen zu lassen. Mit Blick auf die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Bewegungen und dem wahrnehmbaren Rechtsruck mahnte er besonders, nicht mit dem Finger auf andere zu zeigen und Verantwortung abzugeben, sondern bewusst die eigene Haltung und Handlung zu reflektieren. Menschen, deren politische Einstellung sie zu Hetze, Diffamierungen und Gewalt gegen andere motiviere, wolle er einladen „den Blick nach innen zu richten, und sich zu fragen, was die Liebe tun würde – und ob man selbst so behandelt werden möchte“. Im Gegensatz zu der NS-Zeit gebe es aber heute positive Gegenbewegungen, die hoffen lassen, dass sich die menschenunwürdigen Taten der NS-Zeit nicht wiederholen. Er lobte das Engagement vieler Menschen für Integration, demokratische Werte und Vielfalt in unserer Gesellschaft.

Diese Hoffnung drückte auch Dr. Michael Brünger aus, Geschäftsführendes Mitglied des Gedenkausschusses des Pfalzklinikums und Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Nach der Kranzniederlegung an der Gedenkstätte unter anderem mit Vertreterinnen und Vertretern des Landesnetzwerks Seelische Gesundheit, dem Bezirkstagsvorsitzenden Theo Wieder und der beiden Ortsbürgermeister Erwin Grimm und Fritz Garrecht, richtete Dr. Michael Brünger am Gedenkstein klare Worte an die Anwesenden: „Dieser Gedenkstein ist kein Schlussstein, sondern ein Wegweiser. Er zeigt, was zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit passieren musste und was noch passieren muss.“ Die Aufarbeitung der Psychiatriegeschichte sei integraler Bestandteil der Ausbildung von Menschen, die mit psychisch kranken Menschen arbeiten. Erleichtert erkenne er jeden Tag, welchen ethischen Konflikt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter austragen, wenn es um Entscheidungen zu Medikation oder freiheitsentziehenden Maßnahmen für Patientinnen und Patienten gehe. „Unsere Mitarbeiter entscheiden nicht nur im Sinne der Behandlung, sondern reflektieren ihr Tun auch im Sinne der Menschenwürde. Das gibt mir Hoffnung darauf, dass die Psychiatrie auch in Zukunft menschlich gestaltet wird.“

Den anschließenden ökumenischen  Gottesdienst in der Klinikkirche gestalteten die beiden Klinikpfarrer Hans Meigel und Christoph Bevier mit Lesungen aus einem Buch des jüdischen Zeitzeugens Aharon Appelfeld. Die „Geschichte eines Lebens“ berichtet von den Vertreibungen und Deportationen, die der Schriftsteller als Junge miterlebt hat. Die Pianistin Zhana Minasyan aus Mannheim begleitete die tiefgreifenden Szenen mit Stücken von Chopin, Brahms und Rachmaninow.

Aktuelle Informationen zur Gedenkarbeit des Pfalzklinikums finden Sie unter:
www.ns-psychiatrie-pfalz.de  

Kontakt
Christoph Bevier
Tel. 06349 900-2041
E-Mail: christoph.bevierpfalzklinikum.de