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Warum schläft der Mensch? Ein verlorenes Drittel des Lebens?

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Vortrag von Dr. Hans-Günter Weeß: 5. Juli, 19 Uhr, Evangelisches Gemeindezentrum Limburgerhof

Durchschnittlich verschläft der Mensch ein Drittel seines Lebens. An acht von 24 Stunden des Tages liegt der Mensch im Bett, das Gehirn scheint abgeschaltet, die Bewegungen des Körpers sind auf ein Minimum reduziert, Flucht- und Schutzreaktionen sind nahezu unmöglich und die Wahrnehmungen von dem, was im Umfeld des Schläfers passiert, sind stark reduziert. Diese verminderte Wahrnehmung kann sogar ein Risiko für den Schläfer bedeuten. Potentielle Gefahren – wie zum Beispiel ein ausbrechendes Feuer – können erst verspätet oder gar nicht wahrgenommen werden und der Schläfer riskiert durch diesen Zustand sein Leben. Tritt der Schlaf überraschend zur Unzeit und am falschen Ort auf, etwa in Form des Sekundenschlafes am Steuer, kann er ebenso lebensbedrohlich wirken. Trotzdem scheint dieser scheinbar so unproduktive und gelegentlich auch gefährliche Zustand des Menschen physiologisch wichtig zu sein, sonst hätte die Natur ihn im Laufe der Evolution des Menschen abgeschafft. 

Wenn auch die Wissenschaft über die Funktion und Bedeutung des Schlafes noch wenige Erkenntnisse hat, so kann sie doch einige Fragen über den Sinn des Schlafens beantworten. An erster Stelle steht die körperliche Erholung. Während des Schlafens finden auf Zellebene wichtige energetische Prozesse statt, die uns befähigen, aufmerksam und konzentriert – gleichsam einem aufgeladenen Akku, der sich über Nacht in der Steckdose befand – unseren Alltagsaufgaben am nächsten Tag nachzugehen. Zahlreiche wichtige Hormone werden während dieser Schlafphase, die überwiegend im ersten Drittel der Schlafperiode auftritt, produziert und vom Körper ausgeschüttet. So beispielsweise auch das Wachstumshormon, das bei Kindern für das Größenwachstum und beim Erwachsenen unter anderem für den Knochenbau und die Zellregeneration zuständig ist. Unser Herz-Kreislauf-System wird positiv vom Schlaf beeinflusst: Wer regelmäßig nur einen kurzen Mittagsschlaf von bis zu zehn Minuten hält, kann sein Risiko für einen Herzinfarkt um 30 bis 60 Prozent verringern. Wer länger schläft, schüttet Leptin aus, ein Hormon, das sich positiv auf unser Hungergefühl auswirkt und den Fettabbau fördert. Menschen mit ausreichend Schlaf haben eine geringere Neigung zu Übergewicht und den damit verbundenen „Wohlstandserkrankungen", wie zum Beispiel Diabetes. Auf die Lebenserwartung des Menschen, also wie alt wir werden, scheint der Schlaf ebenfalls einen Einfluss zu haben. Menschen, die deutlich mehr als neun Stunden und weniger als fünf Stunden schlafen, werden statistisch gesehen nicht so alt. Dies legen zumindest japanische Studien nahe. 

Auch das Lernen, der Erwerb neuer Informationen, wird durch den Schlaf, insbesondere den REM Schlaf unterstützt. Wer abends vor dem Zubettgehen nochmals die Vokabeln für die Klausur am nächsten Tag wiederholt und anschließend ungestört und ausreichend schläft, hat gute Aussichten, eine bessere Schulnote zu bekommen, als derjenige, der schlecht oder wenig schläft und gleichzeitig die Vokabeln vor dem Zubettgehen ignoriert. Eine Anmerkung sei auch im Land der guten Weine, der Pfalz, erlaubt. Alkohol, Volksdroge Nummer eins, spielt eine nicht unbedeutende Rolle beim Einprägen von Informationen während des Schlafes. Wenn der Pfälzer mehr als einen Viertel Liter Wein und die Pfälzerin mehr als einen Achtel Liter Wein am Abend genießen, reduziert sich der gedächtnisfördernde nächtliche REM-Schlaf-Anteil deutlich. Obwohl dem guten Pfälzer Wein so mach positive Eigenschaft angedichtet wird, zeigen diese Studien, dass er dazu beitragen kann, wenn wir in Schule oder Beruf weniger erfolgreich sind. 

In Abhängigkeit von den verschiedenen Lebensabschnitten kommen dem REM-Schlaf, in dem wir Menschen besonders intensiv träumen, weitere wichtige Bedeutungen zu. Bereits während der Entwicklung im Mutterleib bereitet der REM- oder Traumschlaf auf das Leben nach der Geburt vor. Beim Fötus werden während eines traumschlaf-ähnlichen Zustandes Atembewegungen eingeübt. Nach der Geburt, ist der Traumschlafanteil in Bezug auf die gesamte Schlafmenge so hoch, wie während des restlichen Lebens nicht mehr. Beim älteren Menschen ist er auf ein Minimum reduziert. Der hohe Traumschlafanteil zu Beginn des menschlichen Lebens ist für die Entwicklung und Reifung unseres Gehirnes von immenser Bedeutung. In diesem Zustand vernetzten sich die Abermillionen Neurone unseres Gehirns zu einer hocheffizienten und komplexen Steuerungseinheit des menschlichen Verhaltens und Erlebens. Gegenüber den Fähigkeiten des Gehirns wirken die besten Computer unserer Zeit noch immer wie Gerätschaften aus der Antike. Auch unser Wohlbefinden wird durch den Traumschlaf wesentlich beeinflusst. Etwa 60 Prozent der erwachsenen Bevölkerung reagieren auf zuviel Traumschlaf während der Nacht mit einer Mini-Depression, wie man ihn zum Beispiel an einem Sonntag mit Schlaf bis in die Mittagstunden bekommen kann. An solchen Tagen erleben sich diese Personen häufig lust- und antriebsloser, die Stimmung ist gedämpfter, sie können sich weniger freuen und es fällt ihnen schwerer, geplante Aufgaben für diesen Tag tatsächlich zu erledigen.

Schlafstörungen können erhebliche negative Auswirkungen auf die Gesundheit ausüben. Wer schnarcht und dabei nachts immer wieder das Atmen „vergisst", neigt zur Entwicklung von Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall. Die Lebenserwartung, so zumindest das Ergebnis einer finnischen Studie, kann um bis zu zehn Jahre kürzer sein. Ein- und Durchschlafstörungen, die durch die mangelnde Fähigkeit abzuschalten und nächtliche Grübeleien gekennzeichnet sind, führen neben Leistungseinschränkungen am Arbeitsplatz auch häufig zu Stimmungsveränderungen am Tag. Neuere Studien belegen ein deutlich höheres Risiko, dass chronische Ein- und Durchschlafstörungen irgendwann einmal in ernsthafte Depressionen münden können. Da in diesen Fällen Schlafmittel nicht immer helfen, wurde vom Interdisziplinären Schlafzentrum in Klingenmünster unter der Leitung von Dr. Hans-Günter Weeß ein auf wissenschaftlichen Kriterien basiertes Programm entwickelt und überprüft, das Betroffene im Rahmen eines zweitägigen Seminars zu einem deutlich besseren Schlaf verhilft.  

Über Funktion und Bedeutung des Schlafes, die Frage, warum der Mensch ein Drittel seines Lebens verschläft, informiert Dr. Hans-Günter Weeß am Dienstag, 5. Juli, um 19 Uhr im Rahmen eines Vortrages im Evangelischen Gemeindezentrum in Limburgerhof, Albert-Schweitzer-Straße 7 a (Ecke Mühlweg, gegenüber Haus 52).

Datum: 5. Juli 2011, 19 Uhr
Ort: Ev. Gemeindezentrum in Limburgerhof, Albert-Schweitzer-Straße 7 a

Voranmeldung nicht erforderlich.

Weitere Informationen zur Veranstaltung:
Selbsthilfegruppe Ein- und Durchschlafstörungen, Frau Helene Schwarz, Tel. 06236 61403

Interdisziplinäres Schlafzentrum, Pfalzklinikum Klingenmünster, Tel. 06349 900-2180