Aktuelles

„Psychische Krisen als Wendepunkt“

Rockenhausen

Symposium zum Jubiläum des Pfalzklinikums Rockenhausen am 1. September

Auf Zuruf: Die Schauspielerinnen von Drama Light bauten unterschiedliche Gefühle, die das Publikum nannte, in ihre Szenen ein.

Rockenhausen. Unterschiedliche politische Verantwortliche, Mitarbeiter sowie Kooperationspartner kamen am Freitag, 1. September ab 12 Uhr, in die Donnersberghalle. Hier fand unter dem Titel „15 Jahre zusammen in der Gemeinde“ ein Symposium anlässlich des 15-jährigen Bestehens der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Rockenhausen statt. Theo Wieder, Vorsitzender des Bezirkstags Pfalz und Verwaltungsratsvorsitzender des Pfalzklinikums, eröffnete die Grußworte. Er ging darauf ein, dass ein Jubiläum auch dazu diene zu analysieren, ob ein richtiger Weg eingeschlagen wurde. „Der Standort des Pfalzklinikums in Rockenhausen ist ein Symbol des Wandels. Über viele Jahrzehnte wurden Patientinnen und Patienten von den Einrichtungen in Klingenmünster versorgt. Das hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten maßgeblich verändert. Das Pfalzklinikum hat immer noch seinen Standort in Klingenmünster, aber darüber hinaus sind Angebote in Gemeinden, Städten, im Lebensumfeld der betroffenen Menschen zu finden“, so Wieder.

Auch Stadtbürgermeister Karl-Heinz Seebald freute sich über das Jubiläum der Klinik und sprach von einem guten Tag für Rockenhausen. Hierbei erörterte er auch, dass es damals richtig war, das Angebot in Rockenhausen einzurichten und hob die intensive Kooperation zwischen Pfalzklinikum und Westpfalz-Klinikum hervor.

Dr. Andres Fernandez, Chefarzt der Klinik Rockenhausen, konnte sich diesem  Lob über die gemeinsame Zusammenarbeit mit dem Westpfalz-Klinikum nur anschließen. „Wir sind heute froh, dass wir hier in Rockenhausen Menschen versorgen und das gemeinsam mit dem Westpfalz-Klinikum tun können. Wir wünschen uns für die Zukunft den Aufbau weiterer ambulanter und gemeindepsychiatrischer Angebote sowie eine Orientierung weg vom rein wirtschaftlichen Gedanken hin zum Betroffenen. Wir werden auch künftig allen Betroffenen gemeinsam überlegen, wie wir sie in akuten psychischen Krisen behandeln können und möchten ihnen dabei helfen, dass sie diese auch als Chance sehen können, im Sinne eines Wendepunktes in ihrem Leben. Und natürlich möchten wir schon vor einer stationären Behandlung ansetzen und vorbeugend arbeiten, beispielsweise durch die Initiative ‚Die Pfalz macht sich/dich stark‘, die dazu beitragen soll, dass Menschen ihre psychische Widerstandskraft aufrechterhalten. Das Symposium soll mit unterschiedlichen Vorträgen dazu beitragen, mögliche Herausforderungen und Entwicklungen für die Zukunft aufzuzeigen.“

Ein Vortrag von Wolfgang Faulbaum-Decke, Geschäftsführer der Brücke Schleswig-Holstein und langjähriger Vorsitzender des Dachverbands Gemeindepsychiatrie, zeigte anschließend, wie der Dachverband und die Brücke arbeiten. Anhand eines Angebots in Dithmarschen, einer ländlichen Region im Westen des Bundeslandes, veranschaulichte er, wie man in eine andere Richtung denken („thinking outside the box“) und Angebote gestalten kann. Als Genesungsbegleiter und Psychiatrie-Erfahrener informierte Gerd Stahl über seine Geschichte und wie er Gemeindepsychiatrie umsetzt. So hatte er unter anderem eine Ausbildung zum Genesungsbegleiter im Pfalzklinikum gemacht, um anderen Leuten Mut zu machen. „Ich habe Depressionen und erlebe  auch zwischendurch Rückfälle. Das liegt aber nicht an der Behandlung in der Klinik in Rockenhausen, sondern diese sind bedingt durch Lebenssituationen. Heute bin ich 72 und arbeite immer noch ehrenamtlich für die Lebenshilfe. Ich mache meine Gemeindepsychiatrie selbst, ich helfe Menschen in Krisen weiter und berate sie. Das erfüllt mich“, sagte Gerd Stahl.

Bevor es mit dem Programm weiterging, trat Drama Light, Improvisationstheater aus Mannheim, auf und mobilisierte das Publikum durch kurze szenische Einlagen. Unter Einwurf von Gefühlen durch die Anwesenden, gestalteten die zwei Schauspielerinnen gekonnt Szenen zwischen zwei Kollegen auf einer Station. Begleitet wurden sie von einem Musiker am Keyboard. Thematisch bewegten sich beide stets im Kontext des Jubiläums der Klinik in Rockenhausen. Sie erfragten konkrete Details zur Vergangenheit des Hauses und zu einer möglichen Zukunft. Aus den Antworten des Publikums wurde dann eine weitere Szene improvisiert, die als Heimatfilm begann und im Science-Fiction-Genre mit Elementen aus dem Film „Zurück in die Zukunft“ endete.

Nach einer Pause referierte Dr. Markus Fani, Chefarzt der Klinik für Gerontopsychiatrie am Pfalzklinikum in Klingenmünster, über das Thema Demenz. Neben medizinischen Erklärungen ging es um das Spannungsfeld zwischen Isolation und Integration von dementen Patienten und ihren Angehörigen in der Gesellschaft. „Das Wort Demenz ist tabuisiert. Daher nutze ich bei einer solchen Diagnose zunächst ein anderes Vokabular und spreche von einer Vergesslichkeitserkrankung. Allein das Wort Demenz sorgt schon dafür, dass Patienten isoliert werden,“ äußerte Fani. Darüber hinaus beschrieb er die Arbeit des Netzwerkes Demenz Landau – Südliche Weinstraße, dessen Projekte und die enge Kooperation mit Anbietern der Gemeindepsychiatrie, beispielsweise mit den Tagesstätten des Pfalzklinikums. Dr. Andres Fernandez ergänzte den Vortrag zu Demenz aus Sicht des Standortes Rockenhausen und erläuterte die bestehende Kooperation im Demenznetzwerk der Region.

Mit einem gedanklichen Ausflug entführte Alexandra von Bose, Integrations-beauftragte des Landkreises Alzey-Worms und interkulturelle Kompetenztrainerin, die Anwesenden nach Kamerun. Sie arbeitete die Herausforderungen in der Behandlung von geflüchteten Menschen aus  und ergänzte, wie beispielsweise durch visuelle Kommunikationshilfe oder mehrsprachige Infomaterialen erfolgreich behandelt werden könne.

Galia Petrova, Oberärztin der Klinik Rockenhausen, analysierte im letzten Vortrag, wie man mit Vielfalt umgehen kann und was diese bedeutet. Ihre Schlussfolgerung hierbei war, dass man die Vielfalt anerkennen, annehmen und damit arbeiten müsse. Nur durch Einbeziehung, Integration und Inklusion könne man Patienten erreichen und sie maßgeschneidert versorgen.
Den Abschluss des Tages bildete eine weitere zusammenfassende Inszenierung von Drama Light, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erahnen ließ, wie sich die Zusammenarbeit der Klinik in den kommenden 15 Jahren entwickeln wird.