Aktuelles
Pfalzklinikum bekennt sich zu nachhaltiger Gedenkarbeit
„Bereits mit dem ehrenamtlichen Beirat für Gedenkarbeit unter Leitung von Manfred Petry hat der Bezirksverband im Sommer 2009 ein Gremium geschaffen, das vielfältige Aktivitäten bündelt, Vernetzung fördert und das Nachhaltigkeitsprinzip stärkt“, erklärte Bezirkstags- und Verwaltungsratsvorsitzender Theo Wieder. Bei einem Besuch in Klingenmünster habe sich der Beirat über die konzeptionelle Vorarbeit für das geplante Informations- und Dokumentationszentrum an der Pfälzischen Gedenkstätte für die Opfer der NS-Psychiatrie informiert, die im Jahr 2008 auf dem Klinikfriedhof eingeweiht worden war. Dabei würdigten die Beiräte das Engagement der Geschäftsführung, des Personalrats und der Mitarbeiter, die sich in der Arbeitsgruppe Gedenkarbeit engagieren. Der 27. Januar als bundesweiter Gedenktag für die NS-Opfer sei ein weiteres Beispiel aktiver Gedenkarbeit – gemeinsam getragen von Mitarbeitern, Patienten, Bewohnern, Klinikseelsorge und Öffentlichkeit. Auch die positive Medienresonanz habe zu einer verstärkten Nachfrage nach Information und Austausch geführt.
Wieder informierte den Verwaltungsrat über Fragen, die an das Pfalzklinikum und den Bezirksverband herangetragen wurden, so zum Beispiel auch nach der Art und Weise der Beerdigungen auf dem Klinikfriedhof in der Kriegs- und Nachkriegszeit. Zwischen 1941 und 1945 starben in der „Heil- und Pflegeanstalt“ über 2000 Menschen, die meisten in den letzten beiden Kriegsjahren. So wurde vermutet, dass es Mehrfachbestattungen oder Massengräber gegeben habe. „Um Gewissheit zu bekommen, haben wir eine Firma beauftragt, die auf solche Untersuchungen spezialisiert ist. Hier kamen Methoden zum Einsatz, die das Gelände intakt lassen. Ein klares Ja oder Nein gab es nicht“, berichtete Paul Bomke, Geschäftsführer des Pfalzklinikums. Von weiteren Untersuchungen hat der Verwaltungsrat des Pfalzklinikums einmütig Abstand genommen, auch um die Totenruhe der bestatteten Menschen nicht zu stören, sowohl im Bereich der Gedenkstätte als auch auf dem noch heute aktiven Teil des Friedhofs. Wie auch in anderen Gedenkstätten sollen in Klingenmünster die Todes- und Bestattungsumstände in der NS-Zeit klar benannt werden. Dem Bezirksverband und dem Pfalzklinikum ist es ein wichtiges Anliegen zu versuchen, den Toten – möglichst auch durch Nennung ihres Namens – ihre Würde zurückzugeben.
Über das Gedenken und Mahnen hinaus komme es darauf an, die heutigen Verhältnisse ohne Diskriminierung von Menschen, die „anders“ sind, zu gestalten. Den Dialog über diese Themen haben sich der Bezirksverband und das Pfalzklinikum auf die Fahnen geschrieben. „Immer müssen wir eine Brücke aus der Vergangenheit in die Gegenwart und in die Zukunft bauen“, so Wieder, und Bomke ergänzt: „Als Dienstleister für seelische Gesundheit wollen wir noch enger mit den Kommunen zusammenarbeiten, damit psychisch kranke und behinderte Menschen besser am Leben in den Gemeinden teilhaben können.“
Nächster Schritt in der Gedenkarbeit sei die weitere Ausgestaltung der Gedenkstätte. An konkreten Gestaltungsvorschlägen arbeite der Kulturwissenschaftler Christof Beyer, der als Stipendiat des Bezirksverbands an der Universität Mainz über die 150-jährige Geschichte des heutigen Pfalzklinikums promoviert und die Ergebnisse seiner Forschungen im Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde Kaiserslautern veröffentlicht hat („Von der Kreisirrenanstalt zum Pfalzklinikum. Eine Geschichte der Psychiatrie in Klingenmünster“). Schon in der Promotionsphase hat er sich ehrenamtlich für die Gedenkarbeit engagiert. Beyer ist auch aus wissenschaftlicher Sicht die Frage wichtig, warum es so lange dauert, bis die Gedenkarbeit den ihr gebührenden Platz in der Gesellschaft findet: „Dies hängt auch mit dem gesellschaftlich-kulturellen Umgang mit seelischem Leiden zusammen“, sagt er, der diese Fragen als Dozent an der Universität Mainz zurzeit in seinem Seminar mit Studenten der Kulturanthropologie diskutiert.