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Kürbiswaffeln und der Blick in die Zukunft

Klingenmünster

25 Jahre Psychiatrische Institutsambulanz Klingenmünster (PIA)

Fröhliche Stimmung herrschte am Tag der offenen Tür beim Team der PIA und seinen Gästen.

Warme Farben und ein Apfelbaum – das waren die Symbole, die für das 25-jährige Jubiläum der Psychiatrischen Institutsambulanz Klingenmünster (PIA) standen. Überall waren die Motive aus dem Bild „Erntezeit“ von Kunsttherapeutin Elisabeth Moser zu sehen. Beim Tag der offenen Tür am 14. Oktober gab es für die Besucher Lesezeichen und Postkarten mit dem Motiv, das Team um die leitende Oberärztin Dr. Petra Loerzer trug Anstecker mit dem Bild. „Nach 25 Jahren ist das Konzept der PIA so reif, dass man die Früchte der Arbeit ernten kann“, sagte Ergotherapeutin Heike Reichert, die am Eingang die Gäste begrüßte. Patienten, Mitarbeiter des Pfalzklinikums und externe Partner waren gekommen, um mitzufeiern. Eine Ausstellung mit Bildern informierte über die Geschichte der PIA und ihre Aufgaben. So startete das „Projekt PIA“ im Herbst 1990, ein Jahr später wurde die Psychiatrische Institutsambulanz Klingenmünster eröffnet. Sie hat sich auf die Diagnostik und Behandlung von Menschen mit schweren und chronischen psychischen Beeinträchtigungen spezialisiert. Ziel ist es, dass die Patienten nicht stationär aufgenommen werden müssen, sondern intensiv ambulant betreut werden können.

Gefeiert wurde am 14. Oktober in den herbstlich dekorierten Räumen der PIA oberhalb des BKV-Zentrums und draußen im Zelt. Hier konnten sich die Gäste bei selbst gebackenen Kürbiswaffeln mit Sahne, Pflaumen und chinesischem Zimt aufwärmen, denn es war kalt geworden am Jubiläumstag. Auch drinnen gab es herbstliche Leckereien, die zum Thema „Erntezeit“ passten. Nach dem lockeren Beisammensein trafen sich die Mitarbeiter der PIA mit Vertretern von anderen Ambulanzen aus ganz Rheinland-Pfalz, um sich fachlich auszutauschen. Einblicke in die Gegenwart und Zukunft der PIA gab es ab 16.45 Uhr beim Festvortrag und der anschließenden Podiumsdiskussion. Offiziell begrüßten Dr. Petra Loerzer, Dr. Sylvia Claus, Chefärztin der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Klingenmünster, Paul Bomke, Geschäftsführer sowie ein Überraschungsgast aus München, der ehemalige Ärztliche Direktor des Klinikums, Prof. Dr. Reinhard Steinberg, alle Anwesenden. Prof. Dr. Ingmar Steinhart, Institut für Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern – An-Institut der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald, erörterte anschließend strukturelle Probleme der psychiatrischen Versorgung in Deutschland, Chancen für einen Neustart mit einer zweiten Psychiatrie-Reform und die PIA der Zukunft. Er arbeitete heraus, dass es zwar strukturelle Probleme, aber auch Chancen gebe: „Das hauptsächliche Problem des psychiatrischen Versorgungssystems sind die vielen unterschiedlichen Angebote, man spricht auch von Fragmentierung. Diese konnte bisher durch extra eingesetzte Instrumente wie psychosoziale Arbeitsgemeinschaften, Psychiatrie-Beiräte und weitere nicht gänzlich überwunden werden. Der stationäre Sektor in psychiatrischen Kliniken ist wieder auf dem Vormarsch, die Nachhaltigkeit der Behandlungsergebnisse in diesem Bereich ist aufgrund der hohen  Zahl von Wiederaufnahmen stellenweise fragwürdig. Fehlanreize bei der Finanzierung gehören ebenfalls zu den strukturellen Schwächen. Chancen für einen Neustart bestehen z.B. in einer grundlegenden Überarbeitung des geplanten neuen Abrechnungssystems „PEPP“ (Pauschalisiertes Entgelt Psychiatrie und Psychosomatik) oder in der Leitlinie ‚Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen von 2014‘ (S3).“ Neben Chancen ging es auch darum, was eine zweite Psychiatrie-Reform schaffen muss. Die Anforderungen bezogen sich auf drei Perspektiven: die Perspektive der Person, des Systems und der Finanzen. „Mobile multiprofessionelle Behandlung, wie sie für PIAs typisch ist, gestaltet sich aus unterschiedlichen Elementen wie z.B. Sprechstunden, Krisenintervention oder Zuhause-Behandlung. Psychiatrische Institutsambulanzen könnten sich zu ambulanten Zentren entwickeln, die bei Bedarf Zugang zu weiteren Modulen wie Tageskliniken, Beratung durch Psychiatrie-Erfahrene oder zur Psychotherapie ermöglichen ohne dass immer eine Krankenhausbehandlung nötig wird. Sie orientieren sich konsequent an allem, was zur Wiedergesundung des Einzelnen (Recovery) beiträgt. Die Möglichkeiten der PIA sind noch lange nicht ausgeschöpft. Hier liegt viel Potential z.B. im Bereich Behandlung, Rehabilitation und Teilhabe, Sozialraum oder Vorbeugung. In diesem Sinne hat die PIA der Zukunft die Chance, Neuland zu betreten und sich zum Kern einer Teilhabe orientierten ambulanten Psychiatrie zu entwickeln“, so Prof. Dr. Ingmar Steinhart in seinem Fazit.

Zwei Psychiatrie-Erfahrene Patienten der PIA, Dr. Monika Bär-Degitz, niedergelassene Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, und Alfred Kappauf, psychologischer Psychotherapeut und Präsident der Landestherapeutenkammer, kamen anschließend in einer von Dr. Petra Loerzer moderierten Podiumsdiskussion zu Wort. „Mir persönlich haben in der ambulanten Behandlung durch die PIA nicht die angewandten Konzepte, sondern die Mitarbeiter, also die Menschen und die Beziehungen zu diesen geholfen. Zeitnahe Kriseninterventionen von Ambulanzmitarbeiterinnen haben bewirkt, dass ich nicht stationär behandelt werden musste, “ erzählte einer der Psychiatrie-Erfahrenen. Dr. Monika Bär-Degitz äußerte sich als „PIA-Fan“, genauso wie ihr Podiumsnachbar Alfred Kappauf: „Ich halte die PIA auch künftig für eine sinnvolle Option und sehe sie als Basis sozialpsychiatrischen und psychotherapeutischen Handelns.“ Im Anschluss an den Festvortrag und die Podiumsdiskussion konnten Anwesende Fragen an den Referenten sowie alle anderen Beteiligten stellen.

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