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Regionales Bündnis gegen Depressionen wächst in der Südpfalz

Landau

Wer sich nicht mehr freuen kann, sollte das seinem Hausarzt ganz klar sagen. „Freudlosigkeit ist das Hauptsymptom von Depressionen“, betonte Prof. Reinhard Steinberg, Ärztlicher Direktor des Pfalzklinikums, in seinem Impulsreferat bei der Auftaktveranstaltung für das erste pfälzische Bündnis gegen Depressionen.

Etwa 200 Interessierte waren am 28. April in das Protestantische Gemeindezentrum an der Landauer Stiftskirche gekommen, um sich über die Krankheit und über Hilfsmöglichkeiten zu informieren. Denn Depressionen sind gut behandelbar, wenn sie erst einmal richtig diagnostiziert wurden. „Das ist nicht einfach, weil sich die Erkrankung häufig hinter körperlichen Symptomen verbirgt, wie Kopfschmerzen, Rückenproblemen, Schlaflosigkeit oder Magenerkrankungen“, beschrieb Steinberg das Problem. Familienangehörigen und Freunden riet er, frühzeitig professionelle Hilfe zu Rate zu ziehen, denn: „Eine Depression ist eine Krankheit und als solche muss sie behandelt werden.“ Selbstversuche wie „Tapetenwechsel durch Urlaub“ seien eher kontraproduktiv, weil die Erkrankten durch solche Veränderungen noch stärker unter Druck gerieten, sich freuen zu müssen, obwohl sie keinerlei Freude spürten. Angehörige sollten Verständnis aufbringen und rücksichtsvoll sein, dem Erkrankten jedoch „nicht  wie einem rohen Ei“ begegnen. Vielmehr sollten Hilfsangebote von Experten aufgezeigt werden.

Dass diese sich stärker vernetzen müssen, zeigt das Beispiel Nürnberg. Dort konnte durch gebündelte Anstrengungen eine deutliche Abnahme der Suizid-Zahlen erreicht werden. Denn hinter vielen Selbsttötungsversuchen stecken Depressionen, wie Studien zeigen. Ärzte, Therapeuten, Vertreter anderer Heilberufe, Seelsorger, Pädagogen, Politiker, Presse und viele andere Multiplikatoren müssen dabei zusammenwirken.

Dieses Beispiel macht nun auch in Rheinland-Pfalz Schule. Gesundheitsministerin Malu Dreyer ist davon überzeugt, dass „die meisten Betroffenen mit Hilfe richtiger und konsequenter Therapie nach einiger Zeit wieder Licht am Ende des Tunnels sehen“. Ihre Grüße überbrachte Psychiatriereferentin Dr. Julia Kuschnereit. „Damit die rund 200.000 Menschen mit Depressionen in unserem Bundesland professionelle Hilfe bekommen und wieder Freude am Leben empfinden können“, habe die Ministerin die Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG) beauftragt, den Aufbau regionaler Bündnisse anzuregen. Mit ihrer Initiative „Bündnisse gegen Depression in Rheinland-Pfalz“ unterstützt die LZG seit Mai 2009 die Regionen im Land beim Aufbau von Netzwerken. So nun auch in der Südpfalz.

Bei der Auftaktveranstaltung in Landau freute sich Oberbürgermeister Hans-Dieter Schlimmer über die Initiative der Arbeitsgemeinschaft „Netzwerk gegen Depressionen Südpfalz“, die sich seit 2009 regelmäßig im Pfalzklinikum Klingenmünster trifft. Neben Klinikvertretern gehören auch die Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe (KISS Pfalz e. V.) sowie niedergelassene Ärzte und Vertreter von Kommunen und Vereinen dazu. Ebenso wie der Oberbürgermeister für die Stadt versprach auch der 1. Kreisbeigeordnete Nicolai Schenk Unterstützung des Landkreises, und nicht nur für die Südliche Weinstraße, sondern auch gleich für den Kreis Germersheim, „weil nämlich die Zusammenarbeit in unserer Region funktioniert“, wie er unterstrich.

Konkrete Erfahrungen aus dem Deutschen Bündnis gegen Depression e. V. stellte Dr. Wolf Dieter Werry vor, der davon überzeugt ist: „Netzwerke können helfen.“

Dr. Petra Loerzer, Oberärztin an der Institutsambulanz des Pfalzklinikums in Klingenmünster, die die Moderation der Veranstaltung für die erkrankte Dr. Dörte Wingberg-Braun kurzfristig übernommen hatte, stellte gemeinsam mit Diplom-Sozialarbeiterin Angela Lichtenthäler Persönlichkeiten vor, die das regionale Bündnis in der Südpfalz unterstützen: Dr. Theo Falk, Präsident des Landgerichts Landau; Rosina Schwaab, Beigeordnete der Gemeinde Maikammer; Heidi Gruber von KISS Pfalz Edesheim; Rainer Brunck, Leiter des Hauses der Familie in Bad Bergzabern; Jochen Meyer als niedergelassener Facharzt für Neurologie und Psychiatrie in Landau; Claudia Guerrein von der Tagesstätte Kandel; Lilo Großhans, ehemalige Patientenfürsprecherin in Klingenmünster; Dr. Alexandra Zaby, Leiterin der Psychotherapeutischen Universitätsambulanz (WIPP) an der Universität Koblenz-Landau; Karsten Gensheimer, Fachkrankenpfleger für Psychiatrie am Pfalzklinikum; Michael Behrens, Leitender Psychologe im Pfalzinstitut – Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie,  Psychosomatik und Psychotherapie. Nachdem sie auf dem Podium kurz ihre Motive für die Mitarbeit genannt hatten, erarbeiteten sie gemeinsam mit AG-Mitgliedern und den Besuchern an regionalen Tischen Wünsche an das Bündnis, brachten Angebote ein und hielten offene Fragen fest. Auch ein Thementisch für Depressionen bei Kindern und Jugendlichen war im Angebot. Neben Vernetzungsfragen konnte auch zahlreiche individuelle Anliegen der Besucher aufgegriffen werden. Auf den Tischen lagen Listen aus, in die sich alle eintragen konnten, die mit dem Bündnis in Kontakt bleiben möchten.

Abschließen überbrachte der Geschäftsführer des Vereins zur Unterstützung gemeindenaher Psychiatrie in Rheinland-Pfalz e.V. Dr. Richard Auernheimer Grüße der erkrankten Kuratoriumsvorsitzenden Roswitha Beck. Er bot weitere Unterstützung durch den Verein an, zum Beispiel wenn es darum gehe, Kindern von psychisch kranken Eltern direkt zu helfen. Sein Schlusswort formulierte er als „Beginn-Wort“: „Der Funke, der heute gezündet wurde, soll weiter springen.“ 

Kontakt zur AG „Netzwerk gegen Depressionen Südpfalz“:

c/o: Institutsambulanz des Pfalzklinikums
Dr. Dörte Wingberg-Braun

Angela Lichtenthäler
Tel. 063 49 900 2010
angela.lichtenthaelerpfalzklinikum.de