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„Alptraum Schlafstörungen“ und wie man ihn besiegt

Klingenmünster

Schlafzentrum des Pfalzklinikums lud am vergangenen Wochenende zum wissenschaftlichen Symposion und zum Tag der offenen Tür ein

Stofftiere helfen Kindern dabei, gut einzuschlafen: Oberärztin Christine Zbick-Schmitt stellte bei ihrem Vortrag ihren eigenen Teddy „Paul“ vor.
Stofftiere helfen Kindern dabei, gut einzuschlafen: Oberärztin Christine Zbick-Schmitt stellte bei ihrem Vortrag ihren eigenen Teddy „Paul“ vor.

Dass Geld zwar nicht glücklich macht, aber beruhigt, erläuterte am vergangenen Wochenende (20. und 21. Oktober) der Leiter des Interdisziplinären Schlafzentrums am Pfalzklinikum, Dr. Hans-Günter Weeß. Bei schönem Wetter waren am Sonntag viele Besucher zum Tag der offenen Tür gekommen, um sich über Schlafstörungen und ihre Behandlung zu informieren. In einem Vortrag stellte Hans-Günter Weeß das Schlaflabor des Pfalzklinikums in Klingenmünster vor, das mit seinen zwölf Betten das größte in Deutschland ist. Dazu erläuterte er viel Wissenswertes rund um das Thema Schlaf. „In einer Studie hat sich gezeigt, dass Menschen mit einem Netto-Einkommen ab 4000 Euro seltener an Schlafstörungen leiden als andere. Dagegen sind Schichtarbeiter und Selbständige die Berufsgruppen, bei denen Schlafstörungen am häufigsten auftreten. Wer sich mit existenziellen Sorgen beschäftigt, grübelt und angespannt ist, der kann nicht schlafen“, so Dr. Weeß. Er erklärte, dass ein Mensch, der schlafen möchte, auf drei Ebenen entspannt sein muss: körperlich, gedanklich und auch gefühlsmäßig.

In seinem Vortrag ging er auch auf unterschiedliche Schlafgewohnheiten ein: So gibt es die „Lerchen“, die früh ins Bett gehen und auch früh wieder aufstehen und die „Eulen“, die spät schlafen gehen und dafür später aufstehen. Noch vor 100 Jahren schlief ein Mensch im Schnitt neun Stunden pro Nacht, heute sind es nur noch sieben Stunden. Auch auf Schlafstörungen wie etwa chronisches Schnarchen mit Atemaussetzern ging er ein.

Wie Schlafstörungen festgestellt werden und was man dagegen tun kann, erfuhren die Besucher am Tag der offenen Tür im Schlafzentrum selbst. Dort konnten sie an einer Pupillen-Untersuchung teilnehmen, Fragebögen zu den eigenen Schlafgewohnheiten ausfüllen und die Patientenzimmer und das Atemzentrum besichtigen. Dort stellten Mitarbeiterinnen der Firma Heinen und Löwenstein Atemgeräte und Masken vor, die nachts das chronische Schnarchen mit Atemaussetzern verhindern. „Durch die Maske wird Luft gepumpt, die die oberen Atemwege offen hält“, so Petra Weber vom Atemzentrum. Etwa 300 Geräte werden pro Jahr dort verschrieben und angepasst.

Um das krankhafte Schnarchen und den Schlaf über die Lebensspanne ging es bereits am Samstag bei einem wissenschaftlichen Symposion des Schlafzentrums im BKV-Zentrum, das sich an interessierte Fachleute wie beispielsweise Ärzte, Psychologen und Pflegekräfte richtete. Bei dem Symposion, das unter der Schirmherrschaft von Ministerpäsident Kurt Beck stand, hielten namhafte Referenten aus dem gesamten Bundesgebiet und der Schweiz Vorträge. Die Chefärztin der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Dr. Sylvia Claus, eröffnete das Symposion und wies darauf hin, dass das Thema Schlaf interdisziplinär ist. Grußworte sprachen die Kuratoriumsvorsitzende des Vereins zur Unterstützung gemeindenaher Psychiatrie, Roswitha Beck, Pfalzklinikum-Geschäftsführer Paul Bomke, der Ärztliche Direktor Uwe Pfeiffer und der Personalratsvorsitzende Martin Schlimmer-Bär. Sowohl Roswitha Beck als auch Paul Bomke betonten, dass die Einbindung in die regionale medizinische Versorgung und die Einbindung von Selbsthilfegruppen auch beim Thema Schlaf sehr wichtig ist. Zu den Gästen sprachen Helene Schwarz, die seit acht Jahren die Selbsthilfegruppe Insomnie am Pfalzklinikum leitet und Norbert Faul von der Selbsthilfegruppe Schlafapnoe Südpfalz. „Mittlerweile sind wir so bekannt, dass wir sogar deutschlandweit kontaktiert werden, weil es in Deutschland keine weitere benannte Selbsthilfegruppe zu dem Thema gibt“, erläuterte Helene Schwarz. Norbert Faul stellte die Selbsthilfegruppe Schlafapnoe vor, die sich in Landau trifft und mittlerweile 150 Mitglieder hat.

Moderiert wurde das Symposion vom Leiter des Schlafzentrums, Dr. Hans-Günter Weeß und vom ehemaligen Ärztlichen Direktor des Pfalzklinikums, Professor Reinhard Steinberg. „Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Verhaltensstörung im REM-Schlaf ein Hinweis auf eine spätere Demenzerkrankung sein kann, unter anderem wollen wir heute auf dieses Thema eingehen“, so Dr. Weeß. Los ging das Symposion mit dem Thema Schlaf und Schlafstörungen in der Kindheit. Christine Zbick-Schmitt, Oberärztin der Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Pfalzklinikums in Kaiserslautern, hatte für ihren Vortrag extra ihr „Übergangsobjekt“, einen Teddybären namens Paul, mitgebracht. „Das Übergangsobjekt gibt man kleinen Kindern mit ins Bett, damit sie zu einem guten Schlaf kommen. 20 Prozent aller Kinder und Jugendlichen haben irgendwann einmal Schlafstörungen. Heftige Schlafstörungen können zu psychischen Problemen im Kinder- und Jugendalter führen“, so die Oberärztin. Was in den Medien bereits diskutiert wurde, konnte Dr. Michael Urschitz aus Tübingen bestätigen: Jugendliche werden zu „Eulen“ und sind morgens zwischen 8 und 10 Uhr am müdesten – gerade dann, wenn die Schule beginnt. Er ging auch auf Narkolepsie, also krankhaftes Einschlafen während des Tages, und Schnarchen bei Kindern ein, das meistens auf zu große Polypen oder Mandeln zurückzuführen ist.

Ein weiterer Schwerpunkt des Symposions trug der Zunahme der Älteren in unserer Gesellschaft Rechnung. Referenten aus dem In- und Ausland sprachen über Besonderheiten bei der Behandlung von Schlafstörungen bei älteren Menschen. Dabei ging es unter anderem um das veränderte Nebenwirkungsprofil von Medikamenten und um innovative nichtmedikamentöse Behandlungskonzepte für Ältere. Ein weiteres Thema war die Behandlung von schlafbezogenen Atmungsstörungen. Die Referenten sprachen unter anderem über neue Daten zum Herz-Kreislauf-Risiko und über innovative chirurgische Verfahren bei der Behandlung des krankhaften Schnarchens, der so genannten Schlaf-Apnoe.

Alle Inhalte des Symposions gibt es bald auch zum Nachlesen: Dr. Weeß kündigte an, dass dazu wieder ein Buch mit dem Titel „Update Schlafmedizin“ mit den Beiträgen der Referenten veröffentlicht wird.

Kontakt

Dr. Hans-Günter Weeß
Leiter des Interdisziplinären Schlafzentrums
Tel. 06349/900-2180
E-Mail: hans-guenter.weesspfalzklinikum.de